Kita oder Tagespflege? Warum eine Tagesmutter die bessere Alternative ist

Ob wir eine oder tausend Meilen zu gehen haben, der erste Schritt bleibt immer der erste, denn der zweite kann nicht getan werden, bevor der erste getan ist. (Mahatma Gandhi)

Eine der schwersten Entscheidungen, nachdem klar ist, dass für ein Kind eine Betreuung in einer Bildungseinrichtung benötigt wird, ist die, wem man das Liebste auf der Welt anvertrauen soll beziehungsweise kann. Es gibt verschiedene Angebote, von denen die gängigsten die Kindertagesstätte (Kita) und die Kindertagespflege („Tagesmutter“) sind.

Aus meiner Sicht hat jedes dieser Angebote zu seiner Zeit seine Berechtigung – die Tagespflege in den ersten vier Lebensjahren, die Kita in den beiden Jahren vor der Schule.

Doch gerade bezüglich der Tagespflege halten sich noch immer hartnäckig althergebrachte Vorurteile, die ich hier gerne ausräumen möchte:
„Tagesmütter sind nicht qualifiziert, sondern einfach Mütter, die Geld verdienen wollen.“

Seit dem 1.1.2005 ist gesetzlich festgelegt und wird engmaschig durch das Jugendamt überprüft, dass Tagespflegepersonen für ihre Tätigkeit fachlich, persönlich und gesundheitlich geeignet sind und eine pädagogische Qualifizierung nachweisen, alle zwei Jahre einen Erste-Hilfe-Kurs für Säuglinge und Kleinkinder sowie regelmäßig Fortbildungen besuchen. Ohne den regelmäßigen Nachweis dieser Anforderungen wird den Tagespflegepersonen die Pflegeerlaubnis nicht erneuert beziehungsweise sogar entzogen. Dadurch hat die Betreuung in der Tagespflege inzwischen die gleiche Qualität wie die in Kitas.
Meine pädagogischen Angebote für die Kinder basieren genauso wie die in der Kita auf dem Berliner Bildungsprogramm.

„In Tagespflegestellen ist es enger als in Kitas und es bestehen Sicherheitsmängel.“

Der den Kindern zur Verfügung stehende Raum beträgt mindestens 4,5 m2 pro Kind, genauso wie in Kitas. Wird dieser nicht zur Verfügung gestellt, erteilt das Jugendamt keine Pflegeerlaubnis beziehungsweise nur eine für entsprechend wenige Kinder. Die von den Kindern zu nutzenden Räume sind kindgerecht ausgestattet und unterliegen Sicherheitsstandards, die eingehalten werden müssen und die vom Jugendamt immer wieder kontrolliert werden.
In meiner Wohnung ist ausreichend Platz für mehr als fünf Kinder, und die von ihnen genutzten Räume sind sowohl kindgerecht als auch kindersicher eingerichtet.

„Die Betreuung durch Tagesmütter ist teurer als die in Kitas.“

Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall, denn anders als Tagespflegepersonen, denen dies nicht erlaubt ist, erheben Kitas oftmals für allerlei Dinge nicht unerhebliche Zusatzbeiträge, die die Eltern direkt an die Kitas zu zahlen haben.
Die Kosten für die Förderung durch das Jugendamt („Kitagutschein“) sind für beide Einrichtungen die gleichen. Ab dem 1. August 2018 müssen Eltern in Berlin keine Zuzahlung für den Gutschein mehr leisten, sondern nur noch den sehr geringen Essensbeitrag.

„Tagesmütter sind häufig krank oder haben lange Schließzeiten, und dann werden die Kinder nicht betreut.“

Auch hier ist das Gegenteil richtig: Dadurch, dass die Tagespflege eine selbständige Tätigkeit ist und sich ein Betreuungsausfall anders als bei angestellten KitaerzieherInnen direkt auf das Einkommen der Tagespflegepersonen auswirkt, lassen sich Tagespflegepersonen in aller Regel nur dann krankschreiben, wenn dies wirklich zwingend nötig ist – sie arbeiten auch dann, wenn es ihnen mal nicht so gut geht, solange dies für die Kinder keine gesundheitliche oder anderweitige Gefährdung darstellt.
Auch der Urlaubsanspruch der Tagesmütter ist geringer als der von KitaerzieherInnen, deren Urlaub tariflich geregelt ist.
Last but not least gibt es einen weiteren Unterschied: Da die Arbeit der Tagespflege keine gewerkschaftliche Lobby hat, entstehen anders als in Kitas keine Schließtage aufgrund von Streiks.
Besteht während der Schließzeit dringender Betreuungsbedarf, ist das Jugendamt um Urlaubs- beziehungsweise Krankheitsvertretung bemüht.
Auf der anderen Seite sind die meisten Tagespflegepersonen darüber hinaus oft auch ansprechbar, wenn ein Kind ausnahmsweise über die eigentliche Betreuungszeit hinaus betreut werden muss, und beharren nicht auf ihr „Schichtende“.

Die Kindertagespflege hat also keinen einzigen der Nachteile, die ihr nachgesagt werden. Aus vielen weiteren Gründen ist sie sogar für Kinder bis weit in das vierte Lebensjahr hinein die weitaus bessere Alternative als eine Kita, was ich anhand meiner Arbeit veranschaulichen möchte:

  • Die kleine Anzahl betreuter Kinder ermöglicht es mir, jedem einzelnen von ihnen viel individuelle Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, auf ihre Persönlichkeiten einzugehen und, falls der Bedarf besteht, mein Programm flexibel so zu gestalten, dass einzelne Kinder besonders gefördert werden können und die anderen durch das Mitmachen ebenfalls profitieren. Die pädagogischen Angebote sind auf den aktuellen Bedürfnissen der Kinder aufgebaut, was nur dadurch möglich ist, dass so wenige Kinder berücksichtigt werden müssen.
  • Auch die Zeiten für Mittagessen und Mittagsschlaf sind bei mir nicht starr festgelegt wie in Kitas, sondern werden an die Kinder und ihre Bedürfnisse angepasst, so dass auch das jüngste der Kinder nicht schon zu müde zum Essen ist. Ganz behutsam werden nötigenfalls kleine zeitliche Änderungen vorgenommen, sodass die Tagesstruktur nur kaum merklich geändert wird.
  • Für die Kinder ist dieser überschaubare Rahmen aus vielen Gründen sehr viel angenehmer und stressfreier als die Betreuung in größeren Gruppen – nicht zuletzt deshalb, weil sehr viel weniger Lärm und Hektik, den die anderen Kinder verursachen, um sie herum herrscht. Eine große Kinderanzahl kann auch für ältere Kinder noch eine Überforderung darstellen, und es hilft ihnen nicht, dass in einer doppelt so großen Kitagruppe doppelt so viele ErzieherInnen anwesend sind, denn das ändert nichts am Stress, dem die Kinder ausgesetzt sind.
    Im Übrigen besteht in Kitas der oft angegebene vorteilhafte Betreuungsschlüssel von nur 3 oder 4 Kindern pro ErzieherIn nur auf dem Papier: Sowohl berechenbare Fehlzeiten durch Urlaub und Fortbildungen als auch Krankheitstage und durch häufigen Wechsel unbesetzte ErzieherInnenstellen sind in den Angaben der Kitas nicht berücksichtigt, so dass der Betreuungsschlüssel in der Praxis gerade in Krippen sehr viel schlechter als angegeben ist.
  • Für Babys und Kleinkinder ist der Bezug zu ein und dergleichen Betreuungsperson während der ersten Jahre von enormer Wichtigkeit, um sich geborgen zu fühlen, ein gutes Bindungsverhalten aufbauen und sich dadurch gut entwickeln zu können, da sie noch sehr auf Kontinuität und Stabilität angewiesen sind. Da die personelle Fluktuation gerade im Krippenbereich der Kitas sehr groß ist, kann man sich für eine Kita zwar bezüglich Räumlichkeiten und Konzept entscheiden. Eine Garantie dafür, dass die Erzieherin, die man beim Besichtigen der Kita kennenlernt, bei Betreuungsbeginn noch dort arbeitet oder nicht wechselt, kaum dass das Kind sich an sie gewöhnt hat, hat man dagegen nicht. Die Trennung von wichtigen Bezugspersonen – und dazu werden die Erzieherinnen und Tagespflegepersonen nach kurzer Zeit – stellt vor allem Kleinkinder vor anstrengende Anpassungsaufgaben, die ihnen nicht zugemutet werden sollten.
    Bei mir können Eltern nicht nur das Konzept lesen und die von mir angebotenen Räume besichtigen, sondern sie lernen mich darüber hinaus in privatem Rahmen kennen und können sich für mich als Person entscheiden, die ihr Kind zuverlässig betreut.
  • Nicht zuletzt für die Eltern ist es von Vorteil, ihr Kind von einer Tagesmutter betreuen zu lassen. Im Vergleich zum Verhältnis zu KitaerzieherInnen haben Eltern zu Tagespflegepersonen eine sehr viel persönlichere und vertrautere Beziehung.
    Anders als Kitaerzieherinnen bin ich für die Eltern außerhalb der Betreuungszeiten erreichbar, um beispielsweise Fragen zu klären oder Gespräche zu führen.
  • Laut einer Studie der Gesundheitsämter sind acht bis zwölf Infekte im Jahr bei Kindern im Kindergartenalter normal, bei Kleinstkindern im Krippenalter sind es zwölf bis sechzehn. Die Ansteckungsgefahr wächst aus naheliegenden Gründen mit der Anzahl der anwesenden Kinder. Da Kleinstkinder unter den Infekten sehr viel mehr leiden als ältere Kinder, ist es wünschenswert, die Infekte so gering wie möglich zu halten, was in einer Kleingruppe in der Kindertagespflege sehr viel besser möglich ist als in Krippen, zumal wenn sie in Kitagebäuden untergebracht sind.