Methodik – Tagesmutter Konzept

1. Vorwort: Warum Kindertagespflege?

Ob wir eine oder tausend Meilen zu gehen haben, der erste Schritt bleibt immer der erste, denn der zweite kann nicht getan werden, bevor der erste getan ist.
Mahatma Gandhi

Eine der schwersten Entscheidungen, nachdem klar ist, dass für ein Kind eine Betreuung in einer Bildungseinrichtung benötigt wird, ist die, wem man das Liebste auf der Welt anvertrauen soll beziehungsweise kann. Es gibt verschiedene Angebote, von denen die gängigsten die Kindertagesstätte (Kita) und die Kindertagespflege („Tagesmutter“) sind.

Aus meiner Sicht hat jedes dieser Angebote zu seiner Zeit seine Berechtigung – die Kindertagespflege in den ersten vier Lebensjahren, die Kita in den beiden Jahren vor der Schule.

Doch gerade bezüglich der Kindertagespflege halten sich noch immer hartnäckig althergebrachte Vorurteile, die ich hier gerne ausräumen möchte:

„Tagesmütter sind nicht qualifiziert, sondern einfach Mütter, die Geld verdienen wollen.“

Seit dem 1.1.2005 ist gesetzlich festgelegt und wird engmaschig durch das Jugendamt überprüft, dass Kindertagespflegepersonen für ihre Tätigkeit fachlich, persönlich und gesundheitlich geeignet sind und eine pädagogische Qualifizierung nachweisen, alle zwei Jahre einen Erste-Hilfe-Kurs für Säuglinge und Kleinkinder sowie regelmäßig Fortbildungen besuchen. Ohne den regelmäßigen Nachweis dieser Anforderungen wird den Kindertagespflegepersonen die Pflegeerlaubnis nicht erneuert beziehungsweise sogar entzogen. Dadurch hat die Betreuung in der Kindertagespflege inzwischen die gleiche Qualität wie die in Kitas.

Meine pädagogischen Angebote (siehe ausführlich Kapitel 2) für die Kinder basieren genauso wie die in der Kita auf dem Berliner Bildungsprogramm.

„In Kindertagespflegestellen ist es enger als in Kitas und es bestehen Sicherheitmängel.“

Die den Kindern zur Verfügung stehende pädagogische Spielfläche beträgt mindestens 4,5 m2 pro Kind, genauso wie in Kitas. Wird diese nicht zur Verfügung gestellt, erteilt das Jugendamt keine Pflegeerlaubnis beziehungsweise nur eine für entsprechend weniger Kinder. Die von den Kindern zu nutzenden Räume sind kindgerecht ausgestattet und unterliegen Sicherheitsstandards, die eingehalten werden müssen und die vom Jugendamt immer wieder kontrolliert werden.

In meiner Wohnung ist ausreichend Platz für mehr als fünf Kinder, und die von ihnen genutzten Räume sind sowohl kindgerecht als auch kindersicher eingerichtet.

„Die Betreuung durch Tagesmütter ist teurer als die in Kitas.“

Die Kosten für die Förderung durch das Jugendamt („Kitagutschein“) sind für beide Einrichtungen die gleichen. Eltern in Berlin müssen keine Zuzahlung für den Gutschein mehr leisten, sondern nur noch den sehr geringen Essensbeitrag. Zusatzbeiträge irgendeiner Art dürfen in Kindertagespflegestellen nicht erhoben werden.

„Tagesmütter sind häufig krank oder haben lange Schließzeiten, und dann werden die Kinder nicht betreut.“

Auch hier ist das Gegenteil richtig: Dadurch, dass die Kindertagespflege eine selbständige Tätigkeit ist und sich ein Betreuungsausfall direkt auf das Einkommen der Kindertagespflegepersonen auswirkt, lassen sich Kindertagespflegepersonen in aller Regel nur dann krankschreiben, wenn dies wirklich zwingend nötig ist – sie arbeiten auch dann, wenn es ihnen mal nicht so gut geht, solange dies für die Kinder keine gesundheitliche oder anderweitige Gefährdung darstellt.

Schließzeiten werden am Ende eines jeden Jahres für das gesamte Folgejahr bekannt gegeben. Besteht währenddessen trotzdem dringender Betreuungsbedarf, ist das Jugendamt um Urlaubs- beziehungsweise Krankheitsvertretung bemüht.

Viele Kindertagespflegepersonen sind darüber hinaus oft auch ansprechbar, wenn ein Kind ausnahmsweise über die eigentliche Betreuungszeit hinaus betreut werden muss.

Die Kindertagespflege hat also keinen der Nachteile, die ihr nachgesagt werden, dafür aber eine Menge Vorteile:

  • Die kleine Anzahl betreuter Kinder ermöglicht es mir, jedem einzelnen von ihnen viel individuelle Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, auf ihre Persönlichkeiten einzugehen und, falls der Bedarf besteht, mein Programm flexibel so zu gestalten, dass einzelne Kinder besonders gefördert werden können und die anderen durch das Mitmachen ebenfalls profitieren. Die pädagogischen Angebote sind auf den aktuellen Bedürfnissen der Kinder aufgebaut, was nur dadurch möglich ist, dass so wenige Kinder berücksichtigt werden müssen.
  • Die Zeiten für Mittagessen und Mittagsschlaf sind bei mir nicht starr festgelegt, sondern werden an die Kinder und ihre Bedürfnisse angepasst, so dass auch das jüngste der Kinder nicht schon zu müde zum Essen ist. Ganz behutsam werden nötigenfalls kleine zeitliche Änderungen vorgenommen, sodass die Tagesstruktur nur kaum merklich geändert wird.
  • Für die Kinder ist dieser überschaubare Rahmen aus vielen Gründen sehr viel angenehmer und stressfreier als die Betreuung in größeren Gruppen – nicht zuletzt deshalb, weil sehr viel weniger Lärm und Hektik, den die anderen Kinder verursachen, um sie herum herrscht. Eine große Kinderanzahl kann auch für ältere Kinder noch eine Überforderung darstellen.
  • Für Babys und Kleinkinder ist der Bezug zu ein und dergleichen Betreuungsperson während der ersten Jahre von enormer Wichtigkeit, um sich geborgen zu fühlen, ein gutes Bindungsverhalten aufbauen und sich dadurch gut ent-wickeln zu können, da sie noch sehr auf Kontinuität und Stabilität angewie-sen sind.
  • Bei mir können Eltern nicht nur das Konzept lesen und die von mir angebote-nen Räume besichtigen, sondern sie lernen mich darüber hinaus in privatem Rahmen kennen und können sich für mich als Person entscheiden, die ihr Kind zuverlässig betreut.
  • Nicht zuletzt für die Eltern ist es von Vorteil, ihr Kind von einer Kindertagespflegeperson betreuen zu lassen. Im Vergleich zum Verhältnis zu KitaerzieherInnen haben Eltern zu Kindertagespflegepersonen eine sehr viel persönlichere und vertrautere Beziehung. Außerdem bin ich für die Eltern auch außerhalb der Betreuungszeiten erreichbar, um beispielsweise Fragen zu klären oder Gespräche zu führen.
  • Laut www.kinderaerzte-im-netz.de/news-archiv/meldung/article/wie-viele-infekte-sind-normal/ sind acht bis zwölf Infekte im Jahr bei Säuglingen und Kleinkindern im Krippenalter normal. Die Ansteckungsgefahr wächst aus naheliegenden Gründen mit der Anzahl der anwesenden Kinder. Da Kleinstkinder unter den Infekten sehr viel mehr leiden als ältere Kinder, ist es wünschenswert, die Anzahl so gering wie möglich zu halten, was in einer Kleingruppe in der Kindertagespflege sehr viel besser möglich ist als in großen Betreuungsgruppen.

2. Qualifikation und Rahmenbedingungen

„Die Aufgabe der Umgebung ist es nicht, das Kind zu formen,
sondern ihm zu erlauben, sich zu offenbaren.“ (Maria Montessori)

Mein Name ist Birgit Bittrich. Ich bin am 1. Mai 1965 in Berlin geboren. In den Jahren von 1990 bis zur Geburt meines Sohnes im Juli 2000 war ich mit einem Schreib- und Büroservice selbständig tätig. Seit 2001 arbeite ich als Tagesmutter, habe am Vorbereitungsseminar für Kindertagespflegepersonen gemäß Tagesbetreuungsausbaugesetz teilgenommen und das Berliner Grund- und Aufbauzertifikat für Kindertagespflegepersonen erworben und bin vom Jugendamt anerkannte pädagogische Fachkraft.

Des Weiteren bin ich zertifizierte Ersthelferin für psychische Gesundheit sowie zertifizierte Elterntrainerin und zertifizierte Elternberaterin bei ADS und ADHS (siehe hierzu auch https://www.elternberatung-berlin.info).

Selbstverständlich lese ich die aktuelle pädagogische Fachliteratur, informiere mich durch verschiedene Medien und besuche regelmäßig Fortbildungen zu Themen, die am Berliner Bildungsprogramm ausgerichtet sind, um mein zeitgemäßes Wissen über die Entwicklung und Fördermöglichkeiten der Kinder und die aktuelle Pädagogik aufrechtzuerhalten und die Qualität meiner Arbeit zu sichern. Eine Liste von besuchten Fortbildungen findet sich im Anhang. Grundlage meiner Konzeption sind sämtliche Bildungsbereiche, die im Berliner Bildungsprogramm festgelegt wurden, sowie das International Quality System for Education and Child Care (QUECC), nach dem ich mit der Bestnote zertifiziert wurde. Dafür habe ich mich freiwillig ein Jahr lang am Institut „Quecc“ der Qualitätskontrolle und -prüfung in den Bereichen Raumgestaltung; Körper und Bewegung; Mathematik; Naturwissenschaft und Umwelt; Musik und Tanz; Kreativität und Ästhetik; Kommunikation, Sprache, und Literacy; Soziales Lernen; Beobachtung und Dokumentation; Planung; pädagogische Konzeption sowie Elternpartizipation einer Prüfung unterzogen. Ich bin besonders erfahren im Umgang mit Kinder, die das Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (AD(H)S) sowohl mit als auch ohne Hyperaktivität aufweisen.

Ich biete sowohl privat finanzierte als auch durch das Jugendamt geförderte Kindertagespflegeplätze an, die über den Kitagutschein finanziert werden, und unterstehe damit auch der staatlichen Aufsichtsbehörde, dem Jugendamt Steglitz-Zehlendorf. Selbstverständlich arbeite ich auch mit den Wohnortjugendämtern der von mir betreuten Kinder zusammen und stehe in regelmäßigem Austausch mit Steglitzer und Friedenauer Kolleg*innen.

Eigentlich aus dem Bürobereich kommend, hat mich der Wechsel in die Kindertagespflege auch persönlich bereichert. Kleinkinder in ihrer Entwicklung zu beobachten, zu begleiten und zu unterstützen und mich dabei auch immer wieder mit den Eltern abzustimmen sind Aufgaben, die mich sehr erfüllen.

Meine Freude an der Arbeit erklärt sich somit im Grunde von selbst: Speziell im Alter von 0 bis 3 Jahren machen Kinder eine grundlegende und rasante Entwicklung durch, die ihr zukünftiges Leben in entscheidender Weise prägt. Sie entwickeln in dieser Zeit ein Bild von sich selbst, von anderen und von der Welt. Hier findet elementare Bildung statt. Kinder auf diesem Weg in ihr weiteres Leben bestmöglich und als zuverlässige Bindungsperson zu unterstützen halte ich für eine der wichtigsten Aufgaben der Pädagogik, weshalb ich den Kindern eine kompetente „Begleitperson“ sein möchte.

Da sich Kinder eigeninitiativ bilden und hierfür Anregungen und Anlässe benöti­gen, sehe ich meine Aufgabe vor allem darin, den Kindern vielfältige Möglich­keiten für eigene Erfahrungen zu bieten und ihnen dabei zu helfen, selbst Lösungen für Probleme und Antworten auf ihre Fragen zu finden. So stelle ich ihnen bei Bedarf meine eigenen Kenntnisse und Erfahrungen zur Verfügung, ermutige sie aber, ihre eigenen Wege zu finden. Hier gilt das Montessori-Prinzip „Hilf mir, es selbst zu tun.“ Dies hilft ihnen auch beim Erlernen und Weiterent-wickeln von lebenspraktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten.

Ich betreue die Kinder zur Zeit dienstags bis freitags zwischen 8.00 und 15.00 Uhr, nach Absprache auch länger. Um Teil der Gruppe sein zu können, halte ich es für wichtig, dass die Kinder in der Regel wenigstens an drei Tagen in der Kernzeit, das heißt vom Frühstück bis nach dem Mittagsschlaf, anwesend sind. Der regelmäßige Aufenthalt und die Teilnahme an gemeinsamen Aktivitäten sowie der geregelte Tagesablauf geben den Kindern einen festen Halt und ermöglichen das Wahrnehmen sämtlicher Vorteile, die die Kindertagespflege bietet. Eine sporadische Betreuung biete ich daher nicht an.

Die Schließzeiten werden jeweils am Ende eines jeden Jahres für das gesamte kommende Jahr bekannt gegeben.

Der Tagesablauf richtet sich nach Alter, Bedürfnissen und Wünschen der Kin-der und gestaltet sich in der Regel folgendermaßen:

bis 8.00 Uhr ggf. Essen vorkochen (bei zeitaufwändigen Gerichten)
8.00 – 9.00 Uhr Bringzeit (Begrüßung der Kinder, Austausch mit den Eltern); Freispiel
9.00 Uhr Morgenkreis, Frühstück, anschließend Körperpflege (soweit möglich selbständig: Hände waschen und Mund abwischen, Zähneputzen)
ca. 9.30 – ca. 11.00 Uhr Projektarbeit, Beschäftigungsangebote (singen, tanzen, musizieren, malen, basteln, experimentieren etc.), Freispiel, Aufenthalt auf Spielplätzen, Spaziergänge etc.
ca. 11.00 Uhr gemeinsames Aufräumen, Betten machen, Wickeln, Essen zubereiten, Tischdecken, Hände waschen
11.30 – 12.00 Uhr Mittagessen
12.00 – 14.00 Uhr Mittagspause (schlafen oder ruhen). In dieser Zeit können die Kinder nicht abgeholt werden.
ab 14.00 Uhr freies Spiel, Abholzeit (Austausch mit den Eltern, Verabschiedung der Kinder)

Damit die Kinder nicht gestört werden, ist das Bringen und Abholen während der Essenszeiten und des Mittagsschlafs nicht möglich.

Um das Wohl der anderen nicht zu gefährden, dürfen krankheitsverdächtige Kinder und solche mit Fieber, Magen-Darm-Erkrankungen, starker Bronchitis, eitriger Erkrankungen der Augen, der Haut und der Schleimhaut (zum Beispiel Bindehautentzündung, gelbgrüner Schnupfen, infektiöse Hautkrankheiten) oder unklaren Hautausschlägen erst nach ärztlicher Gesundschreibung von mir betreut werden. Wenn sich während der Betreuungszeit der Zustand eines Kindes verschlechtert, werden die Eltern umgehend  informiert. Fieber wird von mir nur in Ausnahmefällen und auch dann nur kontaktlos mit einem Stirnthermometer gemessen.

2.1.     Räumlichkeiten, Ausstattung und Umgebung

Die Kinder werden auf über 70 m2 meiner Wohnung betreut. Sie liegt im Vorderhaus der Holsteinischen Straße 25 in Berlin-Steglitz an der Grenze zu Friedenau und ist ruhig und hell. Die Busse M 76, M 48, M 85, 181 und 186 sowie die Bahnhöfe U Walter-Schreiber-Platz und S Feuerbachstraße sind fußläufig in weniger als zehn Minuten erreichbar. Hier wohnen außer mir sehr kinderliebe Katzen. Ich rauche weder in noch außerhalb der Wohnung.

Natürlich ist die Wohnung kindersicher; durch den Umbau der Elektroverteilung und den Einbau von FI-Schaltungen besteht ein Schutz vor elektrischen Schlägen, und natürlich sind beispielsweise Putzmittel und andere schädliche beziehungsweise giftige Substanzen für die Kinder unerreichbar.

Jedes Kind hat ein eigenes Fach für Windeln und Pflegematerial, einen Beutel für Wechselkleidung und persönliche Dinge, eine Zahnbürste mit Becher, ein Trinkgefäß (von der Saugflasche bis zum Becher), ein Lätzchen, ein Handtuch und ein Bett.

Im Flur befinden sich diverse Informationsmöglichkeiten für Eltern und Kinder, beispielsweise der Speiseplan sowie eine Pinwand mit wichtigen Informationen, die auch den Eltern zum gegenseitigen Austausch zur Verfügung steht.

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Zu unserem Inventar gehört dem Alter entsprechendes Spielmaterial, zum Beispiel Ziehtiere, Stofftiere, Puppen, große Bausteine, Autos, Kugelbahn, Schüttspiele, Knetmasse, Puzzles, Werkzeug, Legematerial, Bilderbücher, Tischspiele, Musikinstrumente, Bastel- und Malplätze, verschiedenes Material wie Natur- und wieder verwertbare Materialien, Verkleidungs- und Rollenspielmaterial und vieles mehr.

Die von den Kindern genutzten Tische, Stühle und Matratzen sind Krippen-möbel für 0- bis 3-jährige Kinder von entsprechenden Fachfirmen.

Je nach Fortbewegungsmöglichkeiten und -fähigkeiten der Kinder haben wir bei Spielplatzbesuchen die Auswahl zwischen zwei in unmittelbarer Nähe und sechs weiteren in erlaufbarer Entfernung liegenden Spielplätzen in Steglitz und Friedenau. Außerdem nutzen wir häufig den Sportplatz der nahe gelegenen Fläming-Grundschule.

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2.2     Eingewöhnung

Eine gute und schonende Eingewöhnung ist eine grundlegende Voraussetzung für das weitere Wohlergehen der Kinder, so dass ihnen hier die Zeit gelassen wird, die sie individuell benötigen – die Eingewöhnungszeit wird an das Kind angepasst, nicht umgekehrt. Die Eingewöhnung wird mindestens in den ersten beiden Wochen ausschließlich in der Wohnung durchgeführt, damit das Kind sich an mich, die anderen Kinder und die neue Umgebung gewöhnen kann und sich gut in unserem Alltag zurechtfindet. In dieser Zeit werden sie schrittweise und behutsam an die neue Situation gewöhnt und ein harmonisches Miteinander geschaffen, wodurch die Kinder emotionale Sicherheit durch das Gefühl der Zusammengehörigkeit erhalten.

Die Eingewöhnung ist auch die Zeit eines besonders intensiven Austauschs mit den Eltern, so dass die Möglichkeit besteht, auf noch offene Fragen, Themen, Wünsche und Sorgen einzugehen. Unsicherheiten der Eltern übertragen sich leicht auf das Kind und erschweren seine Eingewöhnung. Deshalb ist es wichtig, auch und gerade ambivalente Gefühle anzusprechen und darüber in offenen Austausch zu gehen.

In der Regel führe ich alle drei bis vier Tage eine neue Situation für das Kind ein: die erste kurze Trennung von der Bezugsperson (die Dauer wird in den folgenden Tagen ausgeweitet), die Teilnahme am gemeinsamen Frühstück, die Teilnahme am gemeinsamen Mittagessen mit dem anschließenden Mittagsschlaf. Selbstverständlich wird das Kind in dieser Zeit sehr genau beobachtet und täglich neu überdacht und mit den Eltern besprochen, ob von diesem Plan eventuell abgewichen werden sollte.

Um die Eingewöhnung gänzlich auf das Kind abzustimmen, werden auch bei Freiwerden mehrerer Plätze zu Schuljahrs- und Kindergartenwechsel nicht mehrere Kinder gleichzeitig, sondern monatlich nacheinander aufgenommen.

Erfolgreicher Abschluss der Eingewöhnung ist eine gut strukturierte Integration in die Gruppe, eine Bindung an mich als Bezugsperson und die Sicherheit im Alltagsgeschehen. Auch wenn es beim Weggang der Eltern eventuell noch protestiert, lässt das Kind sich schnell trösten, hat mich als sichere Basis angenommen und eine Beziehung zu den Kindern aufgebaut, findet von selbst in Spielsituationen, nimmt an den Mahlzeiten teil und isst ausreichend und macht anschließend einen ruhigen Mittagsschlaf.

2.3     Ziele

Die Kinder erleben bei mir zumeist das erste Mal längere Trennungen von ihren bisherigen Bezugspersonen. Die Ablösephase ist für Kinder oft sehr beängstigend, so dass ich ihnen diesen Entwicklungsschritt möglichst leicht machen möchte. Deshalb wird die Eingewöhnungsphase (siehe Kapitel 2.2) ganz individuell und nach Möglichkeit im Tempo des Kindes durchgeführt.

Die Kinder und ihre Gefühlswelt empathisch und sensibel anzunehmen bedeutet auch, dass vermeintlich „schwierige“ Themen wie Sexualität, Krankheiten, Glaube oder Belastungssituationen, vor allem dann, wenn die Kinder sie einbringen, kindgerecht auch anhand von Büchern besprochen werden.

Überhaupt dürfen die Kinder ihren Alltag mitbestimmen und dürfen Dinge mitentscheiden, die sie betreffen, ohne dass ihnen die diese Entscheidungen vorgefertigt angedient werden. So sind unsere Projekte immer an aktuellen den Interessen der Kinder orientiert, und bei unseren Versuchen dürfen sie selbst experimentieren. Sie dürfen im Tagesablauf ihre Bedürfnisse und Wünsche äußern, und der Ablauf wird dann angepasst, wenn damit nicht andere Kinder in ihren jeweiligen Interessen ausgebremst werden. Selbstverständlich entscheiden die Kinder selbst, was und wie lange sie mit wem spielen. Mittwochs bestimmen die Kinder, was wir zum Mittag kochen, und auch ansonsten dürfen Essenswünsche geäußert werden, die dann zeitnah von mir erfüllt werden.

Im Laufe ihres Aufenthalts in der Kleingruppe unterstütze ich die Kinder beim Erwerb und Ausbau der für das weitere Leben nötigen Kompetenzen. In meinen Bildungsangeboten, die ich im Folgenden beispielhaft beschreiben werde, werden diese Kompetenzen in vielfältiger Weise spielerisch geübt. In der Zeit bei mir bauen die Kinder Selbstgefühl und -bewusstsein auf; sie eignen sich die Regeln der Gruppe an und stimmen eigene Regeln ab, trainieren Konfliktlö-sungsmöglichkeiten, erweitern ihre sprachlichen Fähigkeiten und erlangen ganz nebenbei Toleranz für die Bedürfnisse anderer sowie Fertigkeiten, die zum Lernen unerlässlich sind, wie beispielsweise sich anzustrengen und mit anderen zu kooperieren. Sie üben ihre Grob- und Feinmotorik und leben ihre Kreativität, ihre musischen Fähigkeiten und ihre Phantasie aus. Die Kinder werden zur Selbständigkeit angeleitet (zum Beispiel beim selbständigen An- und Ausziehen, beim Essen mit Besteck und nicht zuletzt auch dabei, sich anderen gegenüber adäquat zu behaupten).

Sie können und sollen bei mir ihrem Selbsttätigkeits- und Forscherdrang nachgehen. Dafür führe ich Projekte mit den Kindern durch, die ihre Sinne ansprechen und sämtliche Bildungsbereiche umfassen, die im Berliner Bildungsprogramm festgelegt sind, so dass sie Erfahrungen und Kenntnisse auf den Gebieten Körper/Bewegung/Gesundheit, soziale und kulturelle Umwelt, Schrift und Kommunikation, Kreativität, Musik, Mathematik und Naturwissenschaften erwerben. Durch dieses Experimentieren und Entdecken erweitern sie ihren Erfahrungshorizont, so dass sie ihre eigene Lebenssituation zunehmend selbständiger bewältigen lernen.

Die Arbeit mit den Kindern bedeutet für mich, ihre Stärken zu stärken, um ihre Schwächen zu schwächen. Grundpfeiler dafür sind Respekt, Sensibilität und Fürsorge. Die Kinder wird geduldigen individuell gefördert, bekommen Hilfe zur Selbsthilfe, sie erlernen Werte wie Ehrlichkeit, Regelbewusstsein, offen und kritisch sein. Dabei dürfen Humor und Spaß für eine schöne Zeit in einem geschützten Rahmen nicht zu kurz kommen.

2.4     Gesetzliche Grundlagen

Die gesetzlichen Grundlagen meiner Arbeit sind zum einen im Achten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VIII) in § 43 geregelt. Außerdem sind hier die Grundsätze der Förderung von Kindern in der Kindertagespflege festgelegt (§ 22): beispielsweise die Entwicklung der Kinder zu selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu fördern, die Erziehung und Bildung in der Familie zu unterstützen und zu ergänzen sowie den Eltern dabei zu helfen, Erwerbstätigkeit, Kindererziehung und familiäre Pflege miteinander vereinbaren zu können.

Zum anderen richtet sich meine Arbeit nach der Berliner Ausführungsvorschrift zur Kindertagespflege (AV-KTPF), die Dinge wie Zuständigkeiten, Erlaubniserteilung, Rechte und Pflichten sowie die Finanzierung der Kindertagespflege regelt und nach der auch die ständige Eignungsprüfung der Tagespflegeperson durch das Jugendamt festgelegt ist, sowie nach dem Kindertagesförderungsgesetz (KitaFöG), in dem beispielsweise in § 1 die Aufgaben und Ziele der Förderung festgelegt werden, in § 10 die Anforderungen an Personal und Konzeption sowie in § 17 der Inhalt des Kindertagespflegeangebots.

Wenn man es noch weiter fassen möchte, werden bei mir natürlich auch die Kinderrechte, die in der UN-Kinderrechtskonvention aufgeführt sind, groß geschrieben. Dort sind beispielsweise das Mitspracherecht des Kindes, das Recht auf Entwicklung, auf Gesundheit, auf Schutz vor Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung, auf Erholung, Spiel und Freizeit sowie auf Bildung und Meinungsbildung festgeschrieben. Auch die Priorität des Kindeswohls und das Diskriminierungsverbot werden dort genannt.

Zusammengefasst geht es in der Tagespflege also ganz vordringlich einerseits um den Schutz der Kinder und andererseits darum, für die bestmögliche Entwicklung in allen sie betreffenden Bereichen zu sorgen. Wie ich dies umsetze, beschreibt das nun folgende Kapitel 2 – Pädagogische Arbeit – genauer.

2.5     Kinderschutz

Im Kinderschutz spielt der Gewaltschutz (beispielsweise vor körperlicher, psychischer und sexueller Gewalt, Aufsichtspflichtverletzung, Vernachlässigung, Gesundheits- und Unfallschutz, Diskriminierung) eine große Rolle, aber auch die Förderrechte der Kinder, die beispielsweise Bildung, Spiel, Freizeit, Erholung und Gesundheit beinhalten, und ihre Beteiligungsrechte, das heißt das Wahrnehmen, Interpretieren und kindgerechte Reagieren der Erwachsenen auf Äußerungen auch schon der Kleinsten (Körpersprache, Mimik, Gestik).

Ebenfalls im Achten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VIII) geregelt ist der Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung durch die Kindertagespflegepersonen (§ 8a). Kindertagespflegepersonen sind verpflichtet, bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes eine Gefährdungseinschätzung vorzunehmen und dabei eine „insofern erfahrene Fachkraft“ beratend hinzuziehen. Die Erziehungsberechtigten sowie das Kind werden in die Gefährdungseinschätzung einbezogen, soweit dadurch der wirksame Schutz des Kindes nicht in Frage gestellt wird.

Für mich bedeutet Kinderschutz im Alltag der Kindertagespflege neben dem offensichtlichen Grundsatz, die Kinder vor Gewalt zu schützen, auch, mich mit den Kindern kindgerecht beispielsweise über Gewalt, Diskriminierung, Rassismus oder Sexismus auseinanderzusetzen, wenn diese hier vorkommen sollten, und den Kindern begreiflich zu machen, weshalb solche Verhaltensweisen nicht toleriert werden können. Themen sind auch die Unterschiedlichkeiten der Menschen, beispielsweise durch Geschlecht, Religion, Hautfarbe, Sprache, kulturelle Zugehörigkeit oder Identität.

Die Intimsphäre der Kinder wird unter anderem dadurch geschützt, dass sie nicht in Gegenwart anderer Erwachsener gewickelt werden. Auch ansonsten achte ich in meinem eigenen Verhalten, aber auch in dem der Kinder allgemein, aber auch insbesondere in der Pflegesituation auf das individuelle Bedürfnis jedes Kindes nach Nähe und Distanz.

Die Lebenserfahrung von Kindern in ihrem Alltag, wichtig zu sein und wahrgenommen zu werden, bildet einen Schutzfaktor vor Gewalt.

 3. Pädagogische Arbeit

„Alles, was ich Kindern zeige, können sie nicht mehr selbst entdecken.“
C. J. Piaget

Während ihrer Zeit bei mir können die Kinder sich langsam von den Eltern lö­sen, ohne auf ein individuelles Eingehen und liebevolle Zuwendung verzichten zu müssen, da mir in der Kleingruppe immer genug Zeit für jedes einzelne Kind und dessen Bedürfnisse bleibt. So können die Kinder neue emotionale Bezie­hungen sowohl zu mir als auch zu den anderen Kindern aufbauen. Sie knüpfen Kontakte, bauen Freundschaften auf und erlangen spielerisch Kompetenzen unter anderem durch das Erlernen und Einhalten von Gruppenregeln, durch das Lösen von Konflikten, die Rücksichtnahme auf andere und das Beachten von individuellen Grenzen. Sie lernen, eine Balance zwischen den eigenen Bedürf­nissen und denen der anderen zu finden. All dies sind wichtige Schritte auf dem Weg zum Selbständigwerden.

Die Entwicklungsschritte der Kinder werden von mir wertfrei wahrgenommen und laufend mit Fotos und Filmaufnahmen dokumentiert. Diese Beobachtung ist für mich eine spezielle Form der Beachtung, auf die die Kinder ein Recht haben. Hierzu verwende ich das Berliner Sprachlerntagebuch, Entwicklungstabellen (zum Beispiel von Beller und Michaelis), wie sie auch von Kinderärzten bei den Vorsorgeuntersuchungen benutzt werden, und Fragebogen, die sich vor allem auf das Kind in der Gruppe beziehen. Die Beobachtungen werden dazu genutzt, Ressourcen und Begabungen genauso wie Beeinträchtigungen frühzeitig zu erkennen und entsprechende Unterstützungsangebote zu machen. Sollten sich hier Auffälligkeiten zeigen, teile ich den Eltern unverzüglich meine Beobachtung mit, damit das jeweilige Kind schnellstmöglich eine optimale Unterstützung nicht nur durch mich, sondern gegebenenfalls auch durch von den Eltern konsultiere zusätzliche Fachleute erhält (siehe Kapitel 3). Unabhängig davon biete ich halbjährlich Entwicklungsgespräche an. Die Entwicklung der Kinder wird außerdem in Portfolios festgehalten, die von den Eltern jederzeit eingesehen werden können und sollen.

Darauf aufbauend führe ich mit den Kindern zu verschiedenen ihre Interessen widerspiegelnden Themen Projekte durch, die alle Bildungsbereiche ansprechen. Beispiele hierfür sind Themen wie „Das bin ich“, „Musik“, „Blumen und Pflanzen“ oder „Wasser“, die die Kinder jeweils über mehrere Wochen in unserem Alltag begleiten und die sich auch an Jahreszeiten und Feiertagen orientieren. „Projekt“ bedeutet in diesem Fall, dass die pädagogischen Angebote sich über einen längeren Zeitraum um ein und das gleiche Thema drehen – nicht aber, dass etwa täglicher „Unterricht“ stattfindet!

Den größten Teil des Tages nimmt das Freispiel ein. Darunter werden alle möglichen Aktivitäten verstanden: Die Kinder können Tätigkeiten und Material frei wählen, selbst entscheiden, ob sie allein, mit einem anderen Kind oder in der Gruppe spielen, sich selbst den Ort aussuchen, an dem sie spielen möchten sowie die Dauer des Spiels festlegen und vor allem, was und wie sie spielen möchten. Das Freispiel bietet neben der freien Wahl dieser Modalitäten die Gelegenheit, die Kinder „freizulassen“, das heißt ihnen auch die Freiheit des Nichtstuns zu gewähren, wenn dies ihr Bedürfnis ist. Außerdem bietet es die Möglichkeit, sich „frei zu spielen“, das heißt die eigenen Erfahrungen und Erlebnisse im Spiel umzusetzen, sie auszudrücken und auszuleben. Hierfür gibt es ausreichend Raum und Gelegenheit, sowohl mit anderen zu spielen als auch sich zurückzuziehen; sowohl sich ausreichend zu bewegen und aktiv zu sein als auch ruhig zu spielen oder nichts zu tun; sowohl lange an einem Spiel zu verweilen als auch häufig das Spiel zu wechseln.

Spiel ist die Grundform des kindlichen Lernens und Handelns. Hier erwirbt, verarbeitet und überprüft ein Kind Wissen, sammelt Erfahrungen, knüpft soziale Kontakte und entwickelt Phantasie. Besonders so kleine Kinder lernen anschauungs-, erfahrungs- und handlungs-bezogen, so dass ihr Spiel eine Auseinandersetzung mit der Umwelt ist, das der Bewältigung der Realität dient.

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Die folgenden Beschreibungen zeigen beispielhaft Angebote, die ich den Kindern zu den einzelnen Bildungsbereichen und ihren Kompetenzen mache. Dabei werden die von Reformpädagogen wie Maria Montessori benannten sensiblen Entwicklungsphasen der Kinder dieser Altersgruppe, in der eine hohe Aufnahmefähigkeit für alle Umwelteinflüsse und Sinneserfahrungen besteht, besonders angeregt (Sprache, Ordnungssinn, Verfeinerung der Sinne, Bewegung, soziale Entwicklung, Koordination und Entwicklung der Muskulatur, Verständnis von Raum und Zeit, Erkenntnis von Wahrheit und Wirklichkeit).

Die Bildungsbereiche überschneiden sich an vielen Stellen: So geschieht die Entfaltung der Kreativität beispielsweise ebenfalls in Sprache, Musik, Bewegung und Mathematik; Sprache und Musik überschneiden sich genauso wie Naturwissenschaften und Mathematik, Musik und Bewegung und so weiter.

Die Kindergarten- und Grundschulpädagogik unterteilt die Kompetenzen der Kinder in Ich-Kompetenzen, Soziale Kompetenzen, Sachkompetenzen und Lernmethodische Kompetenzen, die sich allerdings in dem Alter der von mir betreuten Kinder erst ganz allmählich und nur in Grundzügen anbahnen. Der Ausbau der Kompetenzen soll Kinder in die Lage versetzen, in verschiedenen Situationen seines Lebens selbständig und verantwortungsbewusst zu handeln. Diese Kompetenzen bezeichnen die Zielrichtung bei der Förderung und Unterstützung der Kinder.

Am Ende jeder Bildungsbereichsbeschreibung werde ich beispielhaft anführen, in welcher Weise die Arbeit mit den Kindern deren Ich-Kompetenzen (sich seiner selbst bewusst sein; den eigenen Kräften vertrauen; für sich selbst verantwortlich handeln; Unabhängigkeit und Eigeninitiative entwickeln), die Sozialen Kompetenzen (soziale Beziehungen aufnehmen und so gestalten, dass sie von gegenseitiger Anerkennung und Wertschätzung geprägt sind; soziale und gesellschaftliche Sachverhalte erfassen; im Umgang mit anderen verantwortlich handeln; unterschiedliche Interessen aushandeln), die Sachkompetenzen (sich die Welt aneignen; die sachlichen Lebensbereichen erschließen; sich theoretisches und praktisches Wissen und Können [Fähigkeiten und Fertigkeiten] aneignen und dabei urteils- und handlungsfähig werden: Wahrnehmungs- und Ausdrucksfähigkeit entwickeln) sowie die Lernmethodischen Kompetenzen (Grundverständnis davon, dass man lernt, was man lernt und wie man lernt; Fähigkeit, sich selbst Wissen und Können anzueignen; Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden; Bereitschaft, von anderen zu lernen) gefördert werden.

Im Vordergrund steht in jedem Fall der Spaß an der Sache – kein Kind wird gezwungen, die gemachten Angebote anzunehmen. Nur wer sich wohlfühlt, wird sich engagieren, und nur wer sich engagiert, wird sich weiterentwickeln.

3.1     Die Bildungsbereiche

  • Körper, Bewegung und Gesundheit

„Alles was der Mensch in seinem Leben lernt, lernt er durch Bewegung.
Sie ist die Verbindung von Körper und Geist, der Motor, der uns am Leben hält“
Prof. Dr. R. Zimmer

Eine der wichtigsten Entwicklungsaufgaben des Kindes in den ersten Lebensjahren besteht darin, dass es vielfältigste Bewegungserfahrungen in seiner ihn umgebenden Welt macht, sie ordnet, um damit experimentieren zu können. Bewegung ist die dem Kind von Geburt an mögliche Form der eigenen Auseinandersetzung mit seiner Umwelt. Über Bewegung, über handelnden praktischen Umgang, nimmt es Kontakt zu Dingen und Personen auf. Wissenschaftliche Forschungsergebnisse zeigen einen Zusammenhang zwischen Bewegung, Sprachentwicklung, kognitiver Entwicklung, emotionaler Entwicklung und sozialem Verhalten.

Die Kinder sollen einen gesunden Umgang mit ihrem Körper und ein positives Selbstkonzept entwickeln. Deshalb gebe ich ihnen genügend Möglichkeiten, die eigenen Fähigkeiten und Grenzen ihres Körpers zu erleben. Im Aufenthalt außerhalb der Wohnung wird dem Bewegungsbedürfnis der Kinder ebenfalls Rechnung getragen. So verbringen wir viel Zeit mit Spazierengehen oder dem Besuch von Spielplätzen, auf denen sie sich ungezwungen bewegen und das Gelände erkunden können. Auch machen wir regelmäßig jeden Freitag Sport – je nach Wetter draußen (zum Beispiel Lauf-, Ball- und Wurfspiele, Balanceübungen, Rückwärtsbewegungen, Bewegen durch Röhren und so weiter) oder drinnen (zum Beispiel Elemente aus dem Kinderyoga, Übungen zu Körpergefühl und -kontrolle, Spannungs- und Entspannungsübungen und so weiter).Den Kindern, die dies bereits umsetzen können, stelle ich Bewegungsaufgaben, die mit sprachlichen, sinnlichen, sozialen, mathematischen und naturwissenschaftlichen Fragen verbunden sind.

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Auf all unseren Wegen findet bereits eine altersgerechte Verkehrserziehung statt (beispielsweise Halten an Einfahrten, Überqueren von Straßen, Ampeln etc.). Die Strecken werden, sobald es den Kindern möglich ist, grundsätzlich zu Fuß und in ihrem eigenen Tempo von ihnen zurückgelegt, um auch hier die Eigenbildung zu gewährleisten.

Besonders in diesem Bildungsbereich werden die Kinder im Auf- und Ausbau ihrer Kompetenzen unterstützt: Grob- und Feinmotorik, Schnelligkeit, Koordinationsfähigkeit, Reaktionsfähigkeit, Gleichgewicht und Körpergefühl; durch immer wechselnde Spielplätze erlernen und festigen die Kinder verschiedenste Bewegungsfertigkeiten und erwerben spielerisch Mut und Ausdauer. Auch das Dosieren von Kraft beim Klettern, Festhalten, Schaukeln etc. wird eingeübt. All dies fördert das Selbstvertrauen, das Gefühl für eigene Möglichkeiten und Grenzen, aber auch das Achten und die Rücksicht auf andere Kinder. Nicht zuletzt hat die Erweiterung körperlicher Fähigkeiten auch die Erweiterung des Handlungsspielraums zur Folge.

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Zum Bereich der Gesundheit gehört selbstverständlich eine kindgerechte, abwechslungs- und vitaminreiche Ernährung, was die positive Einstellung zu gesunder und ausgewogener Ernährung fördert. Die Kinder dürfen die Mahlzeiten je nach Konsistenz auch mit der Hand essen, wenn sie dies wollen, um ihnen auch das haptische Erleben des Essens zu ermöglichen. Selbstverständlich bestimmen sie selbst, was und wieviel des angebotenen Essens sie essen möchten, und müssen ihren Teller auch nicht leer essen, allerdings beachte ich die Verteilungsgerechtigkeit gegenüber anderen Kindern.

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Das Essen wird von mir selbst zubereitet: Zum Frühstück gibt es frisches Obst sowie Brot oder Brötchen mit Pflanzenmargarine und Wurst-/Käseaufschnitt. Mittags gibt es viel frisches oder tiefgekühltes Gemüse (auch als Rohkost), einmal wöchentlich Fisch und/oder mageres Fleisch, Hülsenfrüchte und häufig Vollkornprodukte, die Speisen werden bunt und ansprechend zusammengestellt. Natürlich werden hierbei eventuelle Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder -allergien genauso berücksichtigt wie religiöse oder kulturspezifische Besonderheiten und aktuelle (Umwelt-) Entwicklungen und deshalb gegebenenfalls Nahrungsmittel vom Speiseplan ausgeschlossen. Süßigkeiten bekommen die Kinder nur zu Geburtstagen. Zu trinken bekommen die Kinder je nach Wunsch Wasser oder ungesüßten Tee, die jederzeit zur Verfügung stehen.

In den Bereich der Ernährung gehört unser „Mittwochs-Programm“, bei dem wir morgens gemeinsam beraten, was wir zum Mittag kochen wollen und was wir dafür brauchen, und die Zutaten vormittags zusammen einkaufen. So wird zusätzlich einerseits die Sprache in besonderer Weise angeregt, andererseits üben wir so in überschaubarem Rahmen das Zusammenbleiben und Aufeinanderachten, was Voraussetzung für unsere Ausflüge ist (siehe Kapitel 2.1.8). Auch insgesamt werden Wünsche und Anregungen der Kinder in der Speiseplanung so weit wie möglich berücksichtigt.

Auch im Bereich der Hygiene werden die Kinder von mir angeleitet und unterstützt: So ist das Händewaschen nach der Rückkehr von draußen, nach dem Wickeln und vor den Mahlzeiten ebenso Bestandteil des Tagesablaufs wie das Zähneputzen und Gesichtwaschen nach dem Essen und das regelmäßige Windelwechseln. Bei der Sauberkeitserziehung richte ich mich in Absprache mit den Eltern nach dem individuellen Tempo der Kinder.

zähneputzen tagesmutter

Zur Gesundheitsförderung gehört eine altersgerechte und zeitgemäße Sexualerziehung als Teil der allgemeinen ganzheitlichen Erziehung. In ihren Standards für die Sexualaufklärung in Europa weist die WHO darauf hin, dass bereits vor dem vierten Lebensjahr mit der Sexualaufklärung begonnen werden sollte, und auch in den Kinderrechten der UN wird Kindern ohne Alterseinschränkung ein Recht auf Sexualität und entsprechende Informationen zuerkannt. So werden Kinder auch von mir von Geburt an als sexuelle Wesen gesehen, auch wenn sich deren Sexualität natürlich von der eines Erwachsenen in Ausdruck, Inhalt und Zielen unterscheidet und es hier vor allem um Exploration und das Entdecken des Körpers geht. In jeder Entwicklungsphase treten Verhaltensweisen und später auch Fragen auf, die ich hier in einfacher, kindgerechter Form aufgreife. Es geht dabei in der von mir betreuten Altersgruppe nicht um beispielsweise Fakten über die Fortpflanzung, sondern um die Entwicklung der gesunden und positiven kindlichen Sinnes- und Körperwahrnehmung und des Körperbildes und um die Befähigung, sich verantwortlich gegenüber sich selbst und anderen zu verhalten, um Körpergrenzen und Respekt. Fragen werden in altersgerechter Form beantwortet und dem Kind eine positive Einstellung zu seinem Körper vermittelt, auch indem die richtige Bezeichnung der Körperteile von mir verwandt wird, statt mit schambesetzten Begriffen wie beispielsweise „Mumu“ oder „Pullermann“ eine Unnormalität des Themas oder der Gefühle und Bedürfnisse der Kinder zu signalisieren.

Gleichzeitig werden individuelle Grenzen und soziale Regeln vermittelt, sowohl bezüglich der anderen – beispielsweise, dass nicht jeder ungefragt angefasst werden soll – als auch und vor allem bezüglich sich selbst – beispielsweise, indem das Kind darauf hingewiesen wird, dass es „Nein“ sagen darf und soll, wenn ihm etwas unangenehm ist, und es seine Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse zu äußern kann. In diesem Zusammenhang lernen die Kinder auch das Drei-Stufen-Modell von Nein sagen, weggehen und mich mit einbeziehen. Die Kinder lernen, dass sie nicht jeder Aufforderung anderer nachkommen müssen, erst recht nicht dann, wenn es sich für sie nicht gut anfühlt, und dass sie ein Recht darauf haben, dass ihr Wunsch nach Distanz respektiert wird – genauso wie der der anderen.

In der von mir betreuten Altersstufe wird also je nach Interessen der Kinder auf die Körperteile und ihre Funktionen eingegangen und auch auf die Unterschiedlichkeit von Körpern und Geschlechtern. Themen wie Schwangerschaft, Geburt und Babys werden genauso thematisiert wie unterschiedliche Familienkonstellationen.

Wichtig für die Kinder ist die Einhaltung der Mittagspause. Hierzu werden die Kinder in einen abgedunkelten Raum gelegt und sind nach Abschluss der Eingewöhnung dann nach dem Vorlesen einer Geschichte und der Einschlafphase unter sich. Nach neueren Untersuchungen benötigen Kleinstkinder mit zwölf Monaten noch bis zu viereinhalb Stunden Schlaf am Tag, mit 24 Monaten sind es immerhin noch bis zu drei Stunden. Neun von zehn der Zweijährigen brauchen noch ihren Mittagsschlaf. Eltern älterer Kinder möchten teilweise den Mittagsschlaf ihres Kindes begrenzt wissen, damit es am Abend müde ist und früh ins Bett gelegt werden kann. Diesem Wunsch zu entsprechen ist dann möglich, wenn das jeweilige Kind von sich aus wach wird, denn wenn dies nicht der Fall ist, ist davon auszugehen, dass es ein höheres Schlafbedürfnis hat und einfach noch müde ist. Außerdem hat ein Kind zu wecken zur Folge, dass auch die anderen Kinder, die noch weiteren Schlaf brauchen, durch den Unmut des geweckten Kindes ebenfalls wach werden, was wiederum dazu führen würde, dass diese Kinder am Nachmittag nicht aktiv und positiv am Geschehen teilhaben könnten.

Während dieser allgemeinen Ruhezeit dürfen Kinder, die ausgeschlafen haben, den Schlafraum verlassen und bei mir spielen. Das Schlafbedürfnis der Kinder, die noch nicht im Rhythmus eines einzigen Tagschlafs sind, wird selbstverständlich ebenfalls berücksichtigt.

Förderung der Ich-Kompetenzen

  • Sich im eigenen Körper wohlfühlen und Lust und Unlust ausdrücken können
  • Die eigenen körperlichen Möglichkeiten kennen
  • Lust an Bewegung haben und sich körperlich ausprobieren
  • Körperliche Geschicklichkeit und Koordinationsvermögen erlangen, Interesse an sportlicher Betätigung verspüren
  • Essen genießen und auswählen können; ablehnen, was nicht schmeckt, Hunger, Durst und Sättigung kennen
  • Mahlzeiten genießen und zu einer angenehmen Esskultur beitragen
  • Lust haben, Unbekanntes zu entdecken

Förderung der Sozialen Kompetenzen

  • Sich gerne mit anderen bewegen und dazu eigene Regeln erfinden und andere Regeln anerkennen
  • Eigene Grenzen vertreten und Grenzen anderer akzeptieren
  • Erwünschten und unerwünschten Körperkontakt ausdrücken; Grenzen durchsetzen
  • Sich auf Herausforderungen durch andere einlassen und sich abgrenzen können

Förderung der Sachkompetenzen

  • Körperteile benennen
  • Grundverständnis über Körperfunktionen entwickeln
  • Grundverständnis über gesunde Ernährung erlangen
  • Wissen darüber erlangen, was dem eigenen Körper gut tut und was ihm schadet
  • Freude und Ausdauer haben, mit anderen schwierige Bewegungsherausforderungen zu meistern

Förderung der Lernmethodischen Kompetenzen

  • Eigene Stärken ausbauen wollen
  • Bewusstsein von den eigenen Entwicklungsmöglichkeiten aufbauen
  • Grundverständnis erlangen, dass die Kinder der Gruppe unterschiedliche körperliche Fähigkeiten haben – jüngere und ältere Kinder, Kinder mit Behinderungen …
  • Wissen, dass andere Menschen anders denken und fühlen
  • Lust am Lernen und Neugier auf weitere Erfahrungen und die Ausweitung des eigenen Bewegungsradius entwickeln

 

3.1.1. Soziale und kulturelle Umwelt

„Das unterhaltsamste Spielzeug eines Kindes ist ein anderes Kind.“
G. B. Shaw

Die Entwicklung sozialer Fähigkeiten stellt Kinder in den ersten Lebensjahren vor große Aufgaben: Sie lernen Gefühle bei sich und anderen zu erkennen, sich in andere einzufühlen, eigene Gefühle und eigenes Verhalten zu regulieren, sich mit Regeln und Normen auseinander zu setzen, Mitglied einer Gruppe zu sein und soziale Interaktionen einzuleiten. Die Bewältigung dieser Aufgaben löst intensive Gefühle aus und braucht eine einfühlsame und konsistente Begleitung durch einen Erwachsenen.

Deshalb ist ein wichtiger Bestandteil unseres Alltags das Zusammenleben in der Kleingruppe mit all seinen Erfordernissen. Wir lernen uns näher kennen, indem wir uns über uns unterhalten: Wer gehört zu meiner Familie? Was mache ich am Liebsten? Was esse ich gerne? Wo und wie wohne ich? Woher stammt meine Familie? Solche Gespräche finden grundsätzlich im Kreis sitzend statt, so dass auch die Kinder, die noch nicht sprechen können, trotz allem einbezogen werden.

Jedes Kind wird als eigenes Individuum angesehen und anerkannt. Es lernt dadurch auch, dass andere das gleiche Recht haben, so angenommen zu werden wie sie sind. Kinder unterschiedlicher Nationalitäten kommen sich näher und erfahren ihre jeweilige Andersartigkeit als Normalität. Gerne möchte ich den Kindern die Besonderheiten der Länder oder Kulturkreise, aus denen einzelne von ihnen stammen, nahe bringen, um ihnen erste Kenntnisse über die Vielzahl der Völker, ihrer Lebensstile, Sitten und Gebräuche zu vermitteln, wobei ich gerne die Hilfe der Eltern in Anspruch nehme (siehe Kapitel 3.)

Die Kinder lernen in der Gemeinschaft der Gruppe den richtigen Umgang mit Konflikten, Kompromisse zu schließen und Lösungen zu finden. Sie lernen hierbei sowohl das Äußern von Wünschen je nach Möglichkeit nonverbal oder verbal als auch das Respektieren von Wünschen anderer. Auch Teilenkönnen, das Eigentum anderer achten und gegenseitiges Helfen ist in diesem Bereich ein großer Lernerfolg. Hier wird außerdem das Dosieren von Körperkontakten anderen gegenüber gelernt (beispielsweise nicht grob sein oder das Abstandhalten, wenn ein anderes Kind keinen körperlichen Kontakt wünscht). In der Gemeinschaft und durch Konfliktbewältigung lernen die Kinder, sich in andere Personen hinein zu versetzen und sie zu verstehen. Sie können dabei feststellen, dass sie selbst für ihr Handeln verantwortlich sind und dass sie ihr Verhalten gegenüber anderen kontrollieren können. Das bedeutet für mich, mich weitgehend aus dem Spiel der Kinder herauszuhalten, die entstehenden Konflikte zu beobachten, aber nicht zwingend einzugreifen. Das eigenständige Austragen von Konflikten darf sich allerdings nicht so weit erstrecken, dass er auf Kosten eines anderen Kindes geht. Unter diesen Umständen werden die Kinder von mir dazu angehalten, körperliche Aggressionen in sprachliche Auseinandersetzung umzusetzen.

Während unserer gemeinsamen Spaziergänge lernen die Kinder die Umgebung kennen und entwickeln ihren Orientierungssinn. Wir gehen, wie schon erwähnt, gemeinsam einkaufen und besuchen manchmal auch öffentliche Orte wie Post und Bücherei. Auch verfolgen wir beispielsweise den Fortschritt von Bauarbeiten, wofür es immer wieder Gelegenheiten gibt. All dies ist natürlich auch Inhalt zahlreicher Gespräche, die wir führen.

Förderung der Ich-Kompetenzen

  • Sich seiner Bedürfnisse, Ansprüche und Gefühle bewusst werden
  • Eigene Bedürfnisse, Interessen und Gefühle angemessen zum Ausdruck bringen
  • Vertrauen in die eigenen Kräfte entwickeln
  • Sich sprachlich mitteilen und mit anderen verständigen
  • Sich zur Gruppe zugehörig fühlen
  • Bewusstsein, selbst etwas bewirken zu können
  • Ideen entwickeln, Initiative ergreifen, andere begeistern, sich durchsetzen
  • Neugierig und offen für Erfahrungen, Wissen und Informationen sein

Förderung der Sozialen Kompetenzen

  • Bedürfnisse und Gefühle anderer wahrnehmen; achtungsvoll miteinander umgehen
  • Anerkennen, dass in der Kindertagespflege eventuell andere Normen und Regeln gelten als in der Familie
  • Die Folgen eigenen Verhaltens erkennen
  • Normen und Regeln des Zusammenlebens in der Betreuung vereinbaren
  • Verschiedenheit und Unterschiede in den Interessen zwischen Kindern untereinander sowie zwischen Kindern und Erwachsenen wahrnehmen und anerkennen

Förderung der Sachkompetenzen

  • Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkennen: Was ist in meiner Familie und in der Betreuung gleich, was ist anders? Warum ist das so? Was kann ich in der Betreuung tun, was in der Familie?
  • Verallgemeinerungen und Begriffe bilden: zu wiederkehrenden Abläufen in der Betreuung, zu den Dingen, die in der Betreuung wichtig sind, zu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, zur Umgebung: Häuser, Straßen, Fußwege, Spielplätze, Geschäfte

Förderung der Lernmethodischen Kompetenzen

  • Erfahrungen und Vorstellungen ordnen und systematisieren
  • Zusammenhänge zwischen eigenem Verhalten und dem Verhalten anderer erkennen
  • Bereit sein, von anderen zu lernen
  • Kooperieren und gemeinsam an einer Sache arbeiten

3.1.2 Kommunikation: Sprachen, Schriftkultur und Medien

„Die Sprache ist die Kleidung der Gedanken.“
S. Johnson

Die Sprache ist das wesentliche Verständigungsmittel zwischen Menschen. Gefühle, Befindlichkeit, Vorlieben, Abneigungen und den eigenen Willen kann man am effektivsten durch Worte verständlich machen. Darüber hinaus repräsentieren sie das eigene Sein, die eigene Gedankenwelt. Auch andere Menschen sind durch Einsatz von Sprache steuer- und beeinflussbar, und ein gegenseitiges Verstehen wird durch Sprachaustausch möglich. Kommunikation gehört also zu den Grundbedürfnissen jedes Kindes.

Meine Wortwahl ist geprägt durch Wertschätzung und Respekt – abwertende, ausgrenzende oder sexualisierte Sprache wird von mir weder verwendet noch geduldet. Ich nehme die Äußerungen der Kinder ernst, gehe auf ihre Fragen ein, bin am Dialog interessiert und den Kindern im Gespräch zugewandt.

Das Erlernen und der Ausbau der deutschen Sprache geschieht vor allem spielerisch: ob wie nebenbei durch Reime, Lieder und Lautmalereien als Rituale sowie Kniereiter-, Kreis- und Bewegungsspiele, oder durch gezielte Gruppengespräche, das Erklären von Abläufen und das Ansehen von Bilderbüchern und Fotos mit Gesprächen über die dargestellten Situationen und Personen. Durch „korrektes Feedback“ erlangen die Kinder zunehmend grammatikalische Sicherheit.

Selbstverständlich stehen den Kindern zahlreiche Sach- und Bilderbücher zu allen erdenklichen Themen zur Verfügung, die sie alleine ansehen oder mit mir gemeinsam lesen können. Auch das Nachfragen nach unbekannten Wörtern beim Vorlesen hilft bei der Erweiterung des Wortschatzes.

Elektronische Medien sind in der modernen Gesellschaft ein wichtiges Kommunikationsmittel; mit ihnen können Wissen, Bildung und Informationen vermittelt und weitergegeben werden. Bei uns kommen sie vor allem in Form von auditiven Medien wie Radio und CD-Player, inhaltlich und thematisch zu unseren Projekten passend, zum Einsatz. Über die Aufnahme und Wiedergabe mit der Digitalkamera können die Kinder ihr Tun in größeren Zeitabständen auf dem Computerbildschirm verfolgen. Da die von mir betreuten Kinder in der Regel unter drei Jahre alt sind und ihnen in der Regel noch die Fähigkeit fehlt, den schnellen Bildfolgen und -schnitten kognitiv folgen zu können, bleibt der Fernseher ausnahmslos ausgeschaltet.

Förderung der Ich-Kompetenzen

  • Eigene Bedürfnisse, Interessen und Gefühle angemessen zum Ausdruck bringen
  • Sich anderen sprachlich mitteilen: Ich habe etwas zu sagen
  • Lust auf Sprache und Sprechen, Zutrauen in die eigenen sprachlichen Fähigkeiten und ihre Erweiterung
  • Interesse an Büchern
  • Ein Bild von sich selbst entwickeln, sich darstellen, wissen, „wer ich bin“
  • Freude am Gebrauch von Sprache, Sinn für Sprachwitz entwickeln
  • Gedanken und Ideen entwickeln, ausdrücken und andere begeistern

Förderung der Sozialen Kompetenzen

  • Sich mit anderen verständigen: aufmerksam zuhören und auf das Gehörte reagieren
  • Konflikte aushandeln
  • Wissen, mit wem ich wie reden muss
  • Kontakt zu anderen herstellen und erhalten
  • Zusammenarbeiten und eigenes Wissen weitergeben

Förderung der Sachkompetenzen

  • Sprachliche Äußerungen wahrnehmen, verstehen und wiedergeben
  • Laute und Lautverbindungen differenziert hören und bilden
  • Sprachliche und nichtsprachliche Konventionen beherrschen
  • Namen der anderen Kinder richtig aussprechen
  • Weitergeben, was man herausgefunden hat
  • Zeichen, Symbole und Piktogramme erkennen

Förderung der Lernmethodischen Kompetenzen

  • Nach der Bedeutung von Worten fragen
  • Nachfragen, wenn man etwas nicht versteht
  • Das eigene Wissen an andere weitergeben, anderes Wissen aufnehmen
  • Bereitschaft, von anderen zu lernen
  • Experimentierverfahren kennen

3.1.3 Kreativität und Ästhetik

„Als Kind ist jeder ein Künstler.
Die Schwierigkeit liegt darin, als Erwachsener einer zu bleiben.“
P. Picasso

In diesem Bereich liegt ein weiterer Schwerpunkt meiner Arbeit, denn beim Herstellen und Gestalten werden die feinmotorische Entwicklung unterstützt und Erkenntnisse über Zusammenhänge, auch materielle, gefördert: Gestaltungsprozesse sind Erkenntnisprozesse. Außerdem bieten sich hier vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten: Gefühle und Erlebnisse (auch unangenehme) können in das Material fließen und im Gestaltungsprozess verarbeitet werden. Deshalb ist der Prozess des Gestaltens wesentlich wichtiger als das Ergebnis. Die Materialien in Sichtweite der Kinder haben Aufforderungscharakter und sind stets zugänglich.

Der experimentelle Umgang mit verschiedenen Materialien wie beispielsweise formbare Materialien (Salzteig, Ölteig, Knete, Sand und Fingerfarben), aber auch Naturmaterialien sensibilisiert die taktile Wahrnehmung der Kinder.

Je nach Alter und feinmotorischem Geschick bastele ich mit den Kindern einzeln oder in der Gruppe. Hier reicht die Bandbreite von ersten Malerfahrungen mit Bunt-, Wachs- und Filzstiften, Kreiden und Pinseln bis hin zu selbständigem Schneiden mit der Schere und sachgerechtem Benutzen von Klebstoffen.

Vielfach greifen die bildnerischen mit den Angeboten zu Projekten, Natur und Jahreszeiten ineinander, weil wir zumeist jahreszeitbezogen arbeiten. So werden beispielsweise im Frühling Blütenblätter gesammelt, gepresst und in Bildern verarbeitet; im Sommer wird viel mit Wasser gearbeitet; im Herbst oft Naturmaterial gesammelt und zum Basteln verwandt. Im Winter, der „Hauptbastelzeit“, beschäftigen wir uns natürlich mit Schnee, Eis und Kälte. Auch Ostern, Weihnachten und Fasching gehören zu unseren Kreativthemen.

Wichtig ist mir hier auch die Verwertung von gesammeltem Naturmaterial und Recyclingprodukten aus dem Haushalt. Die Kinder werden zur Mülltrennung angehalten, was wiederum die häufige Beschäftigung mit verschiedenen Materialien und ihrer Bestimmung zur Folge hat und damit auch den naturwissenschaftlichen Bereich betrifft. Auf diese Weise wird bereits ein naturverbundenes und ökologisches Bewusstsein geweckt.

Im Bereich des bildnerischen Gestaltens bauen die Kinder wiederum ihre Kompetenzen in vielfältiger Weise aus. Auf der Ich-Ebene erweitern die Materialerfahrungen und die Erfolge beim Arbeiten beispielsweise das Selbstbewusstsein und fördern die Lust auf neue Erfahrungen. Im sozialen Miteinander spielen sowohl das Zuhören und Einhalten von Regeln im Umgang mit Materialien als auch das Kooperieren und miteinander Teilen eine große Rolle. Die Sachkompetenz wird durch das Benutzen und Verarbeiten von unterschiedlichsten Materialen, Werkzeugen und Hilfsmitteln erweitert. Lernmethodisch werden in diesem Bereich je nach Angebot die Voraussetzungen für gemeinschaftliches Tun erlernt, die Erfahrungen mit Material und Werkzeug erweitert und das Anstrengen zum erfolgreichen Beenden der Arbeiten gefördert.

Förderung der Ich-Kompetenzen

  • Das Staunen gegenüber Natur und Kultur genießen
  • Sich der eigenen Ausdrucksmöglichkeiten bewusst werden: Ich kann malen, formen, kleben …
  • Zutrauen im Umgang mit verschiedensten Materialien entwickeln
  • Die eigenen Werke wertschätzen
  • Werke anderer kennen lernen: „So malst du, so male ich.“
  • Aufmerksamkeit und Sinne schärfen
  • Die natürliche Umwelt als reiches Feld von Entdeckungen erleben, Fund-stücke sammeln und sortieren/ausstellen
  • Phantasie entwickeln und ausdrücken

Förderung der Sozialen Kompetenzen

  • Die Werke anderer wertschätzen
  • Mit anderen über Tätigkeiten und Werke kommunizieren können
  • Mit Licht und Schatten verschiedene Effekte erzielen

Förderung der Sachkompetenzen

  • Erfahrungen mit verschiedenen Materialien gemacht haben und auf neues Material übertragen können
  • Techniken zur Gestaltung kennen und nutzen

Förderung der Sachkompetenzen

  • Erkennen, dass Anstrengung zum Erfolg führen kann
  • Geduld zu Wiederholung und Übung aufbringen
  • Kooperieren und arbeitsteilig an einer gemeinsamen Sache arbeiten

3.1.4 Musik und Tanz

„Es gibt Bereiche der Seele, die nur durch die Musik beleuchtet werden.“
Z. Kodály

Musik bedeutet für Kinder vor allem zu experimentieren: mit der Stimme, mit Worten, mit Geräuschen, Lautstärke, Klängen und Lauten. Außerdem entwickeln Kinder in diesem Bildungsbereich ein Gefühl von Rhythmus durch Klatschen, Nachgehen, Klopfen, Hüpfen, Laufen, Malen und so weiter, und auch das Sprach- und das Erinnerungsvermögen werden durch das Erlernen von Texten und Liedern gefördert.

In diesen Lernbereich gehören einerseits die projektthemenbezogenen Kinderlieder und klassische Musik, andererseits aber vor allem das tägliche Singen von (Bewegungs-) Liedern auch in anderen Sprachen als der deutschen, das Herstellen und gemeinsame Musizieren mit Rhythmusinstrumenten (zum Beispiel Rasseln, Tamburins, kleinen Trommeln, Schellen, Bodhrans, Djemben) und das Tanzen und Turnen nach Musik.

Auch die Musik, ebenso wie das bildnerische Gestalten, ist ein Gebiet, auf dem Kinder sich selbst zum Ausdruck bringen können, wobei sie sich hier sehr viel mehr exponieren und so die Aufmerksamkeit der anderen auf sich ziehen. Die Stimme zu erheben oder Töne und Klänge zu erzeugen, wenn die anderen Kinder nicht mit etwas anderem beschäftigt sind, sondern einem zuhören, ist für Kinder mit geringerem Selbstbewusstsein ein großer Schritt.

So kommt dem Singen und Musizieren bei uns ein besonderer Stellenwert zu, und ich achte sensibel auf stillere Kinder, um sie zu motivieren, sich im Kreis der vertrauten anderen Kinder zu trauen, auch einmal im Mittelpunkt zu stehen.

Ein besonderes Highlight ist es, wenn im Rahmen unseres Musikprojekts Eltern besondere Instrumente, die sie selbst spielen, vorstellen und die Kinder darauf spielen lassen. Auf diese Weise konnten wir im letzten Jahr eine Kirchenorgel in der Gemeindekirche eines Vaters, der Pfarrer ist, kennen lernen und ausprobieren.

Ein gewisses Rhythmusgefühl haben Kinder von klein auf. So ist oft zu beobachten, wie sich kleinere Kinder rhythmisch bewegen, sobald sie ihnen angenehme Musik hören, und diejenigen, die gerade erst stehen können, beim Hören von Musik in den Knien oder mit dem Kopf wippen. Auf Angebote von Tanzspielen reagieren die meisten Kinder daher sehr offen, freudig und oft eigeninitiativ.

Ein besonderer Genuss ist für die Kinder die Durchführung von Klangmassagen, die in sehr ruhiger Atmosphäre stattfinden. Anders als beim Musizieren hören die Kinder hier lange den Klängen nach und spüren sie mit ihrem Körper, wodurch sie sich völlig entspannen.

Förderung der Ich-Kompetenzen

  • Körper und Stimme als Klangkörper kennen lernen und ihre Ausdrucksmöglichkeiten erproben
  • Die eigene Stimme auch als Ausdrucksmittel für Emotionen nutzen; Stille bewusst erleben
  • Welches Instrument gefällt mir/ macht mir am meisten Spaß?
  • Welches Lied gefällt mir besonders?
  • Sich der eigenen Ausdrucksmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Gruppe bewusst werden
  • Lärm- und Stilleempfindungen bewusst erleben

Förderung der Sozialen Kompetenzen

  • Sich mitteilen können, wenn es zu laut/zu leise wird
  • Andere an ihrer Stimme erkennen
  • Gemeinsam musizieren – Harmonie und Disharmonie durch Töne und Musik ausdrücken

Förderung der Sachkompetenzen

  • Differenzieren können zwischen laut/leise, schnell/langsam, hoch/tief
  • Kenntnisse über die eigene Stimme, laut/leise, allein/zusammen singen
  • Einige Lieder kennen (Text, Melodie)
  • Ein Instrument kennen- und nutzen lernen
  • Selbst ein Instrument herstellen (Rassel, Trommel …)
  • Töne produzieren können
  • Singen von Sprechen unterscheiden
  • Höhen und Tiefen von Tönen unterscheiden
  • Einfache Rhythmen halten
  • Erfahrungen mit verschiedenen Instrumenten und deren Klangwirkungen machen
  • Lieder aus anderen Ländern kennen lernen
  • Geräuschquellen unterscheiden
  • Lieder aus bestimmten traditionellen Zusammenhängen kennen: zu Festtagen oder Geburtstagen oder Jahreszeiten

Förderung der Lernmethodischen Kompetenzen

  • Sich der eigenen Ausdrucksmöglichkeiten bewusst werden
  • Die Ausdrucksweisen anderer kennen und verstehen lernen
  • Sich bewusst werden, dass gemeinsames Singen aufeinander Hören er-fordert
  • Musik und Tanz als Möglichkeit zur Begegnung mit anderen nutzen

3.1.5 Mathematische Grunderfahrungen

„Das Buch der Natur ist in der Sprache der Mathematik geschrieben.“
G. Galilei

Mathematische Strukturen sind die, die sich mit Mengen und deren Verhältnissen zueinander beschäftigen. Sie finden sich in allen Bereichen des Lebens wie Rhythmus, Musik, Tanz, Pflanzen, Blumen, Sternen, Jahreszeiten und so weiter in Form von Oberbegriffen, Unterscheidungen, Mengenvergleichen und Relationen. Überall, auch im unmittelbaren Umfeld der Kinder, können Größendimensionen, Gewichte, Temperaturen, Farben, Formen und Mengen verglichen, zugeordnet, sortiert, klassifiziert und differenziert werden. All dies können bereits Kinder in der von mir betreuten Altersgruppe, die vom späteren Rechnen oft noch weit entfernt sind.

Mathematisches Denken ist die Grundlage für Erkenntnisse in fast jeder Wissenschaft, der Technik und der Wirtschaft. So basiert kognitive Förderung zu großen Teilen auch in mathematischer Bildung, da beispielsweise die Denkfähigkeit gestärkt wird, wenn Formen und Farben eingeordnet werden.

Hier steht den Kindern vielfältiges pränumerisches und numerisches Material zur Verfügung, denn bereits Bausteine (Holz, Duplo, Brix, Schaumstoff etc.) ermöglichen die Erfahrung von Form, Farbe und Größe. Aus dem Montessori-Bereich haben wir unterschiedliches Spielmaterial mit geometrischen Formen. Auch das Stapeln von Bechern oder die Beschäftigung mit geometrischen Körpern, die in passende Aussparungen gesteckt werden müssen, ermöglicht mathematische Erkenntnisse. Kinder entdecken Zusammenhänge durch das Bilden von Mustern aus verschiedenen Formen. Unregelmäßigkeiten in ihren Bauwerken kommen sie durch Vergleichen und Zählen auf die Spur.

Förderung der Ich-Kompetenzen

  • Anzahl von Augen und Ohren, Beinen und Armen, Kopf und Nase am eigenen Körper kennen
  • Zeitverständnis entwickeln: Ich werde abgeholt nach dem Mittagsschlaf, wir putzen nach dem Frühstück die Zähne etc.
  • Wissen Ich kann dies und das und anderes als andere
  • Ideen und Eigeninitiative entwickeln bezüglich mathematischer Operationen: Vergleichen, Zählen
  • Fähigkeit erlangen, sich in Zeit und Raum zu orientieren
  • Orientierung finden durch wiederkehrende Ordnungsstrukturen

Förderung der Sozialen Kompetenzen

  • Mathematische Vorstellungen zum Strukturieren sozialer Situationen nutzen, zum Beispiel Teilen, Abwechseln
  • Teilen wollen: Sich zugehörig fühlen und sich unterscheiden

Förderung der Sachkompetenzen

  • Grundverständnis für Ordnungsstrukturen in der Zeit entwickeln (vorher-nachher, gestern-heute-morgen)
  • Größen- und Mengenvergleiche herstellen im Bezug auf sich selbst (kleiner als ich-größer als ich, ebenso groß)
  • Einsicht in Mengenvergleiche (zwei Beine, zwei Arme)
  • Grundverständnis geometrischer Formen
  • Wissen, wie viel von einer Sache gebraucht wird (Teller, Löffel …)
  • Erscheinungen differenziert wahrnehmen: Was ist gleich, was ist anders? Wer oder was ist größer-kleiner, länger-kürzer, schwerer-leichter?
  • Zahlen in ihrer Funktion zum Zählen erkennen (Wie viele? Wie oft?)

Förderung der Lernmethodischen Kompetenzen

  • Erkenntnis: Ich habe Zeit

3.1.6 Naturwissenschaftlich-technische Grunderfahrungen und Umwelt

„Jedes Naturgesetz, das sich dem Beobachter offenbart,
lässt auf ein höheres, noch unerkanntes schließen.“
A. v. Humboldt

Die Naturwissenschaften beinhalten die großen Bildungsbereiche Physik, Chemie und Biologie. Diese mit Ökologie zu verknüpfen führt zu dem Bewusstsein, dass jedes Handeln Auswirkungen auf die Umwelt hat, für die jeder Einzelne die Verantwortung trägt. Ziel dieses Bildungsbereichs ist es daher auch, das Interesse der Kinder an der Natur zu wecken und zu fördern, Sinneserfahrungen zu sammeln, das Wissen über Pflanzen und Tiere zu entwickeln, die Elemente Wasser, Luft, Feuer und Erde kennen zu lernen und zu erfahren und das Umweltbewusstsein zu fördern. Hierzu bietet sich vor allem die gemeinsame Durchführung von ungefährlichen Experimenten an, was dem natürlichen Forscherdrang der Kinder entgegenkommt und alle ihre Sinne anspricht.

Mit Experimenten kann die Neugier der Kinder, die zum Lernen unerlässlich ist, durch überraschende und erstaunliche Effekte belohnt und aufrechterhalten werden. Sie ermöglichen es den Kindern, Eigenschaften verschiedenster Stoffe (feste Körper, Flüssigkeiten) zu erkunden, Phänomene aus der Akustik und Optik zu erfahren und sich über den Tages- und Wochenablauf in Zeit und Raum orientieren zu können. Naturwissenschaftliche Vorgänge können so bewusst wahrgenommen werden.

Die Freude am ausdauernden Untersuchen von unterschiedlichen Dingen, am Ausprobieren von und dem feinmotorischen Umgang mit Instrumenten und Materialien verschiedenster Art wie Messbecher, Lupen, Schläuche, Flaschen, Schwämme, Magnete, Waagen und so weiter, am Erkunden vom Zusammenwirken unterschiedlicher Stoffe, schafft Erfahrungen, die den Kindern helfen, sich ihre Lebenswelt zu erschließen, und fördert das Verständnis für Vorgänge in der Physik, Chemie, Biologie und Technik. Bei Gruppenexperimenten lernen sie von anderen und mit ihnen gemeinsam und tauschen Fragen und Ideen miteinander aus. Dabei beginnen sie, gezielt die anderen Kinder zu beobachten und wahrzunehmen, was diese bewirken. Hier machen alle Kinder, egal, auf welchem Entwicklungsstand sie sich befinden, die gleichen Erfahrungen.

Nicht nur auf Spielplätzen beispielsweise bei Herausforderungen wie der Statik beim Bau eines Tunnels oder beim Stauen von Wasser, sondern auch bei der Fütterung von Tieren und beim Säen und Versorgen von Pflanzen lassen sich viele Erfahrungen sammeln. In kleinen Schritten wird dabei auch gelernt, Verantwortung zu übernehmen.

Bei unseren Aufenthalten in der Natur rege ich die Kinder dazu an, besondere Vorgänge wahrzunehmen und zu beobachten. Hierzu wird beispielsweise das Wetter und dessen tägliche Veränderung thematisiert, der Sonnenstand beobachtet und Regenwasser gesammelt und gemessen. Wir beobachten aber auch Licht und Schatten, optische Phänomene wie Regenbögen, akustische wie den Schall, wenn wir durch Unterführungen gehen, oder die Veränderung der Pflanzen im Jahreslauf. Ich rege die Kinder dazu an, Naturmaterialien zu sammeln, zu sortieren, zu benennen und zu beschreiben. Ganz nebenbei verinnerlichen die Kinder so den Respekt vor der Natur.

Förderung der Ich-Kompetenzen

  • Fragen stellen und Antworten finden
  • Freude haben, mit Ausdauer Dinge zu untersuchen
  • Freude haben, sich mit Tieren und Pflanzen zu beschäftigen
  • Ausdauernd mit anderen Untersuchungen anstellen
  • Bei Misserfolgen nicht aufgeben
  • Die Umwelt als Quelle für vielfältige Erfahrungen erleben und genießen
  • Ideen entwickeln für Erkundungen im Umfeld

Förderung der Sozialen Kompetenzen

  • Tiere und Pflanzen versorgen/pflegen
  • Freude empfinden, mit anderen Erfahrungen zu machen und Lösungen zu finden

Förderung der Sachkompetenzen

  • Dinge differenziert wahrnehmen und dabei alle Sinne einsetzen
  • Fertigkeiten in der Handhabung von Arbeitstechniken, Werkzeugen, Materialien
  • Bereitschaft, mit anderen gemeinsam Dingen auf den Grund zu gehen
  • Beobachten, Zuordnen, Vorhersagen, Versuchen, Prüfen

Förderung der Lernmethodischen Kompetenzen

  • Freude am Experimentieren, Forschen, Überwinden von Schwierigkeiten
  • Kooperieren und an einer gemeinsamen Sache arbeiten

 

3.1.8 Weitere Angebote

„Aus der Art, wie das Kind spielt, kann man erahnen,
wie er als Erwachsener seine Lebensaufgabe ergreifen wird.“
R. Steiner

Je nach Alter der Kinder und sobald diese die Verhaltensregeln, die für den Aufenthalt außerhalb der Wohnung gelten, verinnerlicht haben, plane ich kulturelle Ausflüge, die uns beispielsweise in Kindertheater, Museen, Ausstellungen und Zirkusvorführungen führen. In der Vergangenheit haben wir Tagesausflüge zu einem für Kleinkinder geeigneten Indoorspielplatz, auf BVG-Betriebshöfe, zu besonders schönen Spielplätzen in anderen Bezirken, zum Britzer und zum Botanischen Garten und Lankwitzer Gemeindepark, zu Tiergehegen, in den Zoo und das Aquarium gemacht sowie Dampferfahrten nach Kladow unternommen.

Durch den Beruf der Väter von mir betreuter Kinder war es möglich, eine Feuerwache, eine Kirchenorgel und eine Tischlerei zu besuchen und dort vieles auszuprobieren. Für solche von den Eltern insbesondere mit technischen oder naturwissenschaftlichen Arbeitsplätzen gebotenen Möglichkeiten bin ich besonders dankbar, weil den Kindern hier Einblicke in die Berufswelt geboten werden, bei denen sie selbst praktische Erfahrungen machen können. Das wird sich sicher nicht wirklich auf die spätere Berufswahl auswirken, aber jedes Erleben und jedes Selbermachen schon im Kleinkindalter hinterlässt Spuren der Erfahrung. Besonders beliebt ist bei den Kindern natürlich das Picknick, das wir auf unseren Ausflügen machen. Die Kinder nehmen diese Bildungsangebote begeistert an und erzählen oft noch tagelang davon.

Natürlich feiern wir auch einige Feste im Verlauf des Jahres. Das sind zum einen selbstverständlich die Geburtstage der Kinder. Hierzu bringt das jeweilige Kind ein von ihm selbst bestimmtes Frühstück für alle mit (das reicht von Aufschnitt- und Wurstbrötchen über Marmelade, Cornflakes und Kuchen bis zu gekochten oder gebratenen Eiern und findet dort noch nicht sein kreatives Ende) und darf die Vormittagsgestaltung bestimmen.

Ein weiteres Fest ist der Fasching. An diesem Tag wird ausgelassen gefeiert, egal ob mit oder ohne Verkleidung, gebastelt und sich angemalt. Zum Abschluss des Festes gibt es ein besonderes Mittagessen.

Gerne nutzen wir auch hier die kulturelle Vielfalt, die die Kinder und ihre Familien einbringen und die von mir sehr geschätzt werden.

Auch der Abschied jedes Kindes wird mit einem Fest begangen. Obwohl der Anlass für die Kinder, die hier bleiben, und mich ein trauriger ist, ist er für das scheidende Kind ein weiterer großer und wichtiger Schritt auf dem Weg zum groß und selbständig Werden, und so begehen wir natürlich eine fröhliche Feier. Letztlich ist es ja nur ein Abschied aus dem gemeinsamen Alltag, nicht aber einer für immer, denn meist besuchen uns die „Ehemaligen“ ab und zu, und der Kontakt der Kinder untereinander wird vielfach privat aufrecht erhalten.

 4. Zusammenarbeit mit den Eltern

„Es gibt kein Alter, in dem alles so irrsinnig intensiv erlebt wird
wie in der Kindheit. Wir Großen sollten uns daran erinnern, wie das war.“
A. Lindgren

Bereits das Treffen der Entscheidung, dass und zu welcher Kindertagespflegeperson Eltern ihr Kind geben wollen, stellt für diese meist einen schwerwiegenden und schwierigen Schritt dar. Daher werden bereits beim Erstgespräch alle nötigen Informationen – beispielsweise über die Eingewöhnung, die Projektarbeit und den Tagesablauf – vermittelt und alle Fragen beantwortet. Vielfach ist die Abgabe des Kindes in eine Einrichtung mit einem schlechten Gewissen verbunden, weshalb ich den betreffenden Eltern vermittele, dass sie sich nicht von ihrem Kind trennen, sondern es ihm ermöglichen, einen weiteren großen Entwicklungsschritt durch neue Erfahrungen zu vollziehen, der ihm viele Vorteile bringt und den sie als Eltern aktiv begleiten. Auch die Sorge, als Mutter mit mir in Konkurrenz treten zu müssen, lässt sich im Gespräch leicht zerstreuen, denn Eltern und Kindertagespflegeperson spielen völlig unterschiedliche Rollen im Leben des Kindes, und der Aufenthalt bei mir tut der besonderen Bindung zwischen ihnen und ihren Kindern keinen Abbruch, sondern ergänzt sie.

In der Eingewöhnungszeit, die nur selten ohne Trennungsschmerz auf beiden Seiten abläuft, unterstütze ich die Eltern durch Gespräche und durch die Schilderung des Verhaltens ihres Kindes während ihrer Abwesenheit. Des Weiteren versuche ich möglichst sensibel, ihnen ihre eigene Rolle während der Ablösephase bewusst zu machen und ihnen wenn nötig Ratschläge zur Entspannung der Situation für sich selbst und/oder ihr Kind zu machen.

Da ich die Beziehung zwischen den Eltern und mir als Erziehungspartnerschaft betrachte, ist der ausführliche Austausch eine wichtige Voraussetzung für meine erfolgreiche Arbeit mit den Kindern, denn die Eltern sind die Experten für ihre eigenen Kinder. Ich bin deshalb an jeder Kontaktaufnahme, gegenseitigem Austausch und konstruktiver Zusammenarbeit interessiert und dafür immer offen. Offenheit und Ehrlichkeit werden von mir ausdrücklich begrüßt.

Neben dem täglichen Austausch beim Bringen und Abholen der Kinder biete ich den Eltern im Abstand von etwa sechs Monaten ausführliche Gespräche in Abwesenheit der Kinder an, in denen ich ihnen die von mir dokumentierten Beobachtungen zur Entwicklung ihres Kindes und seines Verhaltens in der Gruppe schildere. Diese Gespräche nutze ich auch dazu, mir von den Eltern ihre Eindrücke schildern zu lassen und zu erfahren, wie sie die Entwicklung des Kindes beurteilen und welche Vorschläge sie gegebenenfalls zu meiner Arbeit haben.

Darüber hinaus bin ich selbstverständlich für von den Eltern gewünschte Gespräche jederzeit offen beziehungsweise lade sie bei Bedarf auch zu einem Gespräch „außer der Reihe“ ein, wenn mir dies ratsam erscheint. Sollten sich beispielsweise auch nur kleinere Entwicklungsauffälligkeiten des Kindes zeigen, spreche ich die Eltern darauf an und stehe ihnen für ein beratendes Gespräch zur Verfügung, in dem wir die weitere Vorgehensweise besprechen, die einerseits meine Arbeit – auch gegebenenfalls in Form eines speziellen Förderprogramms – betrifft, andererseits aber teilweise die Hinzuziehung von Fachkräften, Medizinern, Psychologen, Therapeuten oder gegebenenfalls auch Mitarbeitern in Frühförder- und Beratungsstellen einschließt. Hierzu finden sich im Anhang viele nützliche Adressen. Da ich der Meinung bin, dass eine Unterstützung von Kindern nie zu früh stattfinden kann, bitte ich die Eltern lieber vorsichtshalber um die Befragung von Fachleuten, als darauf zu warten, dass sich Probleme „schon auswachsen“ werden. Zum Austausch mit den hinzugezogenen Fachkräften stehe ich natürlich zur Verfügung.

Informationselternabende, zum Beispiel zu Wutanfällen oder Schlafproblemen, zu Erziehungsproblemen, zur motorischen oder Sprachentwicklung, zum Trotzen, zu Geschwisterzuwachs und -konflikten, zu ADS und zur allgemeinen Kindesentwicklung finden bei genügendem Interesse statt. Die Eltern können selbst Wünsche äußern, falls sie ein Thema interessiert. Bei diesen Treffen kommt natürlich auch der Erfahrungsaustausch der Eltern nicht zu kurz.

Weitere Informationen erhalten Eltern bei den Tür- und Angelgesprächen, durch Elternmails (wenn in wichtigen Angelegenheiten mehrere Eltern erreicht werden müssen), per Aushang im Flur (beispielsweise die Pläne der jeweiligen Projekte) sowie durch mündliche oder telefonische Benachrichtigungen. Für berechtigte Kritik bin ich jederzeit offen, auch und vor allem deshalb, weil Kinder eventuell vorhandene Ressentiments der Eltern spüren und sich dies nachteilig auf ihr Wohlbefinden auswirken könnte.

Wie bereits angesprochen, nehme ich gerne jedes elterliche Angebot an, den Kindern die Besonderheiten anderer Länder oder Kulturkreise nahe zu bringen. Dies kann in Form von mitgebrachten Spielzeugen, Mahlzeiten, Kinderliedern, typischer Kleidung und Büchern geschehen, so dass beispielsweise ein Projekt entstehen oder eine Feier gestaltet werden kann. Ich bin für alle Anregungen und Informationen dankbar. Das Kennenlernen des Berufslebens der Eltern ist ebenfalls für Kinder eine große und lehrreiche Attraktion, so dass wir gerne Eltern an ihren Arbeitsstätten besuchen. Auch das Vorstellen besonderer Musikinstrumente oder Hobbies wird gerne in Anspruch genommen.

Im Einverständnis mit den Eltern und unter Wahrung der Professionalität duze ich mich mit ihnen.

5. Schlusswort

„Das vornehmlichste Erziehungsziel ist, Menschen zu schaffen, die fähig sind, neue Dinge zu tun, nicht einfach das zu wiederholen, was andere Generationen taten – Menschen, die schöpferisch, erfinderisch, die Entdecker sind. Das zweitwichtigste Erziehungsziel ist, Geister heranzubilden, die kritisch sind, verifizieren können und nicht alles hinnehmen, was man ihnen anbietet.“
J. Piaget

Ich halte die Betreuung von Kindern durch eine Kindertagespflegeperson in der Zeit bis zum vierten Lebensjahr für einen guten und wichtigen Zwischenschritt auf dem Weg vom Elternhaus zur Großgruppe im Kindergarten. Den Bedürfnissen von Kindern dieser Altersgruppe kann hier in vielfältiger Weise und besser als in größeren Gruppen Rechnung getragen werden. So befinden sich die Kinder bei mir nicht nur in einer Bildungs-, sondern auch in einer Wohlfühleinrichtung.

Kinder können in dieser Zeit bei mir lernen, den Kreis von Bezugspersonen zu erweitern, ohne auf den festen Halt durch einen regelmäßigen Tagesablauf und auf eine individuelle Entwicklung durch das Eingehen auf alters- und persönlichkeitsgemäße Möglichkeiten sowie Stärken und Schwächen verzichten zu müssen.

Sie werden bei mir gefordert, aber niemals überfordert. Angebote, Kinderzahl und der häusliche Rahmen sind überschaubar und das individuelle Eingehen auf jedes einzelne Kind ist immer gewährleistet. Dies ermöglicht es ihnen, sich zu orientieren und sicher zu fühlen.

Bildungsangebote, vor allem für Kinder unter drei Jahren, werden häufig eher als Betreuungsangebote wahrgenommen. Dabei sollen Kinder entwicklungsangemessen gefördert, statt chronisch unterfordert zu werden. Kinder wirken von Geburt an aktiv an ihrer Entwicklung und Bildung mit, sie wollen von sich aus lernen, stellen Neugier, Erkundungs- und Forschungsdrang unter Beweis. Sie erkunden und erforschen aktiv sich selbst und ihre Umwelt, sind kompetent und kreativ, wenn es um Wissen, Erfinden, Erproben und Erlernen geht. Dieser natürliche Forscherdrang und die den Kindern eigene Kreativität werden von mir durch strukturierte Bildungsangebote in Form von Projekten unterstützt.

Kinder sind mit einer Vielzahl von Kompetenzen ausgestattet wie beispielsweise Neugier und Entdeckungslust, Kreativität, Grob- und Feinmotorik, Eigeninitiative, Kommunikationsfertigkeiten, Denk- und Problemlösefähigkeit sowie Verantwortungsbewusstsein. Durch abwechslungsreiche Angebote in allen Bildungsbereichen erweitern die von mir betreuten Kinder diese Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kompetenzen, die ihnen in sämtlichen Lebensbereichen zu mehr Praxis und Selbstsicherheit verhelfen. Ihre Identitätsfindung wird durch das Kennenlernen eigener Stärken und Schwächen vor allem im Umgang mit anderen Kindern, aber auch im Zusammenhang mit den pädagogischen Angeboten begünstigt.

Die Kinder werden darin unterstützt, selbstbewusste, kreative, kritische, urteils- und demokratiefähige, soziale, tolerante und vor allem: GLÜCKLICHE MENSCHEN  zu werden.

Sie wachsen bei mir in größtmöglicher Freiheit, aber auch in einem Rahmen von haltgebenden Regeln auf. Eine der wichtigsten ist hierbei die Achtung vor sich selbst und anderen: Die Freiheit des Einen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt.

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Jede Zeit hat ihre Schwerpunkte; neue Erkenntnisse schaffen neue Einsichten. So ist auch dieses Konzept nicht unabänderlich und statisch für alle Zeiten, sondern im Gegenteil: Das Vorläufige ist von großer Bedeutung, denn Leitlinien für die pädagogische Arbeit müssen offen bleiben für Erfahrungen und Erkenntnisse, die in der Praxis gesammelt und reflektiert werden, aber auch für die Fortschritte der Erforschung frühkindlicher Bildungsprozesse. In absehbarer Zeit aber werde ich bei meiner Arbeit in der beschriebenen Art und Weise vorgehen.

Berlin, im April 2024